"Es gibt ja nicht nur Machos unter den Männern"

BZ-INTERVIEW mit Endingens Stadtmusikdirektor Martin Baumgartner über das 25. Jahreskonzert unter seiner Leitung.

ENDINGEN. "Mannsbilder" lautet das Motto des Jahreskonzerts der Stadtmusik Endingen am Samstag, 19. März. Es ist zugleich das 25. Jahreskonzert unter der Leitung von Stadtmusikdirektor Martin Baumgartner. Martin Wendel sprach mit ihm über musikalische Themen, das Selbstverständnis und die Zukunft der Blasorchester in der Stadt.

BZ: Mal Weltraum, dann hoher Norden, dazwischen "Herrlich weiblich" und jetzt "Mannsbilder". Wer hat eigentlich die Ideen für die Themen der Konzerte?
Baumgartner: Gute Frage. Meistens ist es so, dass ich ein Stück im Visier habe, das ich gerne einmal aufführen würde. Dieses Werk nehme ich dann als Oberbegriff fürs Konzert und suche mir Stücke mit dem gleichen Bezug dazu aus. Oft gibt es aber auch Anregungen von Musikern. Den Titel fürs Plakat und Programm kreiert meist unser Grafiker Stefan Wäldin.

BZ: Mannsbilder – das klingt vor allem nach starken Helden. Bleibt da auch Spielraum – und entsprechende Literatur – für softere Typen und Töne?
Baumgartner: Es gibt ja nicht nur Machos unter den Männern. Natürlich darf ein Werk wie die Filmmusik zu "Rocky" nicht fehlen. Aber es gibt auch Werke, die einen anderen Bezug haben. Da wäre noch die unheimlich witzige und groteske Musik aus den Filmen von Charlie Chaplin. In einer Bearbeitung, die zum Besten gehört, was die Blasmusikszene zu bieten hat. Oder die Vertonung von Märchen der Gebrüder Grimm. Leichte, liebliche Melodien über Dornröschen, Frau Holle oder Aschenputtel. Das sind zwar alles Frauen aus der Literatur, geschrieben haben die Märchen aber die Brüder Grimm und komponiert hat es mit Jan van der Roost auch ein Mann. Eingängig und filigran ist auch die Ouvertüre zu "Der Barbier von Sevilla", eine der bekanntesten Opern von Gioacchino Rossini. Man sieht schon: Es wird ein Konzert mit einer sehr großen musikalischen Vielfalt.

BZ: Ein junges Orchester und ein Publikum quer durch alle Altersschichten – wie bringt man so etwas in Einklang bei der Auswahl der Stücke?
Baumgartner: Das Orchester kann zwischenzeitlich sehr gut zwischen schlecht komponierter und guter Musik unterscheiden. Wenn den Musikern das Programm gefällt, überträgt es sich immer auch auf das Publikum. Das Orchester weiß auch, dass eine gewisse Abwechslung im Programm sein muss, um die Zuhörer nicht zu langweilen. Dieses Rezept, das wir schon lange praktizieren, geht ja auch auf. Wir sind sehr froh, dass unsere Konzerte so gut angenommen werden.

BZ: Die Stadtmusik Endingen wurde jüngst beim Gastspiel in Königschaffhausen als der "FC Bayern unter den regionalen Blasorchestern" charakterisiert. Wie empfindet man als musikalischer Leiter solches Lob? Als Ansporn oder als Bürde?
Baumgartner: Es gibt schon einen großen Unterschied zum "FC Bayern": Unsere Vorsitzende saß noch nie im Gefängnis. Im Ernst: Ich fasste den Begriff als ein großes Lob auf. Nicht nur, was die spielerische Qualität angeht, sondern auch die gesamte Ausbildungsstruktur, die einen solchen Erfolg erst möglich macht. Mit eigenen Kräften auftreten ohne teure Spielertransfers ist unser Credo. Auch das unterscheidet uns von Bayern München. Wir versuchen aber auch nach Kräften, als ganz normaler Musikverein rüberzukommen. Umzüge, Prozessionen, Umrahmungen ...auch das gehört zu unserem musikalischen Alltag.

BZ: Seit Sommer 2014 spielt in der Jugendkapelle der Nachwuchs aus allen Musikvereinen der Gesamtstadt. Wie hat sich das Orchester seither entwickelt?
Baumgartner: Die Zusammenarbeit mit den Jugendlichen aus den Ortsteilen läuft sehr, sehr gut. Einen großen Anteil daran haben hier auch die Verantwortlichen der anderen Vereine. Die Jugendkapelle hat sich in letzter Zeit deutlich verjüngt. Ältere haben aus schulischen Gründen das Orchester verlassen. Und die Jüngeren müssen erst wieder in eine Führungsrolle reinwachsen. Es ziehen jedoch alle mit, was auch am Konzert zu hören sein wird. Insgesamt ist die Zusammenlegung der Jugendkapellen eine gute, richtungsweisende Entscheidung gewesen. Mittelfristig profitieren hier alle Vereine davon.

 

INFO

"Mannsbilder", Samstag, 19. März, 20 Uhr, Stadthalle. Vorverkauf: Buchhandlung Vollherbst-Koch, Kaiserstühler Verkehrsbüro

 

MARTIN BAUMGARTNER

Der Profimusiker Martin Baumgartner stammt aus Oberbergen, ist 53 Jahre alt und seit 1991 Dirigent der Stadtmusik Endingen. Baumgartner ist auch auf Verbandsebene engagiert und seit 2012 als Verbandsjugendleiter des Blasmusikverbands Kaiserstuhl-Tuniberg tätig.

 

Artikel von Martin Wendel aus der Badischen Zeitung vom 12. März 2016

 

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