Stadtmusik Endingen

Der etwas andere "Verein"

Die Stadtmusik Endingen ist ein sinfonisches Blasorchester der Oberstufe aus der südbadischen Stadt Endingen am Kaiserstuhl. Im Vergleich zu vielen anderen Stadtmusiken, die sich im Laufe der Zeit als eingetragene Vereine neu organisiert haben, ist die Stadtmusik Endingen weiterhin eine gemeinnützige, kulturelle Einrichtung der Stadt, deren musikalischer Leiter und Dirigent vom Gemeinderat ernannt und von der Gemeinde besoldet wird. Seit 2019 ist Rüdiger Müller Dirigent der Stadtmusik.

Seit der Satzungsänderung 1967 ist der amtierende Endinger Bürgermeister nicht mehr Erster Vorsitzender der Stadtmusik sondern Präsident. Seit 2019 ist dies Tobias Metz. Der Vorstand wird seitdem aus dem Kreis der aktiven Musiker gewählt. Seit der Satzungsänderung 2018 gibt es keinen Ersten Vorsitzenden mehr. Die Stadtmusik hat sich eine moderne Organisationsstruktur gegeben. Zukünftig gibt es eine verkleinerte Vorstandschaft bestehend aus sieben Personen, die alleinverantwortlich für die Ressorts Orchester, Verwaltung, Finanzen, Öffentlichkeit, Marketing, Organisation und Jugend sind. Zusätzlich können weitere Mitglieder kooptiert werden.


Ursprung und erste Nachweise

Man kann mit Sicherheit annehmen, dass es bereits im 15. Jahrhundert in Endingen sogenannte „Stadt- oder Kunstpfeifer“ gegeben hat, wie man in süddeutschen Städten sowie in Sachsen Musiker nannte, unabhängig davon welches Instrument sie spielten. Diese unterstanden in der Regel einem Stadtmusikus und hatten bei allen öffentlichen sowie bürgerlichen Angelegenheiten zu musizieren.

Der erste urkundliche Nachweis auf das Vorhandensein von Musikern in Endingen ist in den Tagebüchern des Thomas Mallinger geschrieben. Er berichtet vom Endinger Judenspiel, das am 24. April 1616 erstmals zur Aufführung kam. Hierin steht geschrieben: „zuo endingen ist ein statlich comedia gehalten worden … derbey auch statliche instrumentalis und vocalis musica."
Dieses Judenspiel wurde auf dem Marktplatz aufgeführt. Wahrscheinlich ist es von einem Meistersinger der Endinger Gilde verfasst worden. Es steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer 1470 erfolgten Verbrennung von Juden, welche am heute noch bekannten Judenbuck geschah. Die Darsteller dieses Schauspiels, Musiker und Sänger waren Endinger Bürger. Die Endinger Meistersingergilde wurde von einem Minnesänger namens Heinrich von Meißen, genannt Frauenlob, gegründet. Er war einer der Minnesänger, die im 13. Bis 14. Jahrhundert das Land am Oberrhein bereisten und wiederholt bei den Herren von Endingen zu Gast waren.

Der erste belegbare Nachweis, dass es in Endingen eine richtige Musikgruppe gegeben hat, stammt aus dem Jahr 1730. Wie auch in anderen Orten stellten sich die örtlichen Musiker durch Teilnahme und Mitwirkung an kirchlichen Feiern in den Dienst der Kirche. So ist zu lesen: „Die Musikanten von Endingen spielten unter der Leitung von Emanuel Böhler am Vitusfest in Amoltern.“

Da es keine früheren Aufzeichnungen gibt und man daher das wirkliche Gründungsjahr nicht kennt, nahm man das Jahr 1753 als Beginn der heutigen Stadtmusik-Zeitrechnung. Aus den Kirchenfondsrechnungen der Kirchen St. Jakob (die heute nicht mehr existiert) und St. Martin ist zu ersehen, dass die „Musikanten von Endingen“ für ihre Mitwirkung beim Patronatsfest eine Vergütung bekamen. Von der St. Jakobskirche erhielten sie zwei Gulden, die Martinspfarrei bezahlte sieben Gulden, welche wahrscheinlich nach Musikantenbrauch zu einem gemeinsamen Mahle und Trunke verwendet wurden.

Dieser Abschnitt wurde entnommen aus der Festschrift "250 Jahre Stadtmusik Endingen", 2003, Endingen am Kaiserstuhl


Vom Musikverein zur Stadtmusik

Bereits im Jahr 1762 erhielt Lehrer Rieger von der Stadt 6 Gulden für die Leitung der Kapelle, die damals noch keine Stadtmusik war. Der Betrag wurde auch in den folgenden Jahren ausbezahlt. Nicht nur der Dirigent, sondern auch die Musiker erhielten für ihr Musizieren eine Geldvergütung. Des Weiteren hatten die Musikanten gegenüber der restlichen Bevölkerung gewisse Vorrechte und Privilegien. Diese beinhalten unter anderem die Befreiung vom Wach- und Frondienst. Außerdem erhielten sie bei festlichen Anlässen, welche musikalisch umrahmt wurden, von der Stadt Wein und Brot. Die von der Stadt gewährten Vergütungen an die Musiker und insbesondere an deren musikalischen Leiter waren im Laufe der Jahre zwar unterschiedlich, aber immer vorhanden.

Im Jahr 1845 bekam Hauptlehrer Amadeus Grom bereits 44 Gulden für seine Dirigententätigkeit. Der bisher in Naturalien bezahlte Lohn, der sogenannte „Musikantentrunk“, sowie die Privilegien wurden 1865 in eine jährliche Geldvergütung umgewandelt, wie es sie auch noch heute gibt. Eine fast 150 Jahre alte Fahne aus dieser Zeit, die heute im Endinger Heimatmuseum zu besichtigen ist, zeigt den Schriftzug „Musikverein Endingen 1854“.

Der Musikverein Endingen nannte sich ab 1866 „Stadtorchester“. Am 26. Oktober 1866 wurde in einem Vertrag bestimmt, dass der Gemeinderat das Verhältnis des Stadtorchesters zur Stadt, beziehungsweise deren gegenseitlichen Verbindlichkeiten zu regeln hat. Das schon immer gute, in lockerer Form vorhandene Verhältnis zwischen Stadt und Musikkapelle wurde mit diesem Vertrag zu einer klar geregelten Verbindung. Hauptlehrer und Dirigent Peter Meyer, sowie 25 Musiker bezeugten dies mit ihrer Unterschrift. Peter Meyer war nun „Direktor“ des Stadtorchesters und damit Leiter und Verantwortlicher in allen musikalischen Belangen, im Rahmen der vom Gemeinderat gegebenen Richtlinien. Gegenstand des Vertrags war unter anderem auch die Regelung des Probenbetriebs. So war zum Beispiel für unbegründetes Fehlen eine Geldstrafe fällig.

1869 wurde zum ersten Mal der Name „Stadtmusik“ und zum Teil „Stadtkapelle“ verwendet.

Die Stadtmusik steht auch heute noch, wie vor 100 Jahren, in enger Verbindung zur Stadt Endingen und ihrem Bürgermeister. Seit der Vertragsunterzeichnung im Jahr 1869 wurde die Satzung einige Male abgeändert, aktualisiert und vom Gemeinderat abgesegnet. So ist zum Beispiel seit 1967 der Bürgermeister nicht mehr Erster Vorsitzender, sondern übernimmt als Präsident nur noch repräsentative Aufgaben und ist am musikalischen „Alltag“ eigentlich nicht mehr direkt beteiligt. Er ist aber dennoch für den Erfolg der Stadtmusik mit verantwortlich.

Nur durch die Unterstützung und den Rückhalt des Bürgermeisters kann die Stadtmusik gut funktionieren und arbeiten. So wurde zum Beispiel unter der Präsidentschaft von Helmut Eitenbenz der Grundstein für eine zukunftsweisende Jugendausbildung gelegt. Mit der Schaffung einer Musikschule unter dem Dach der Volkshochschule in den 90er-Jahren, war es erstmals möglich eine wirklich professionelle, für die Stadtmusik noch finanzierbare Jugendausbildung anzubieten. Auch die Reise nach Venezuela 1982 wäre ohne die Initiative und Organisationsarbeit von Helmut Eitenbenz nicht möglich gewesen. 1995 wurde er für seine besonderen Verdienste in der Blasmusik mit dem CISM-Verdienstkreuz des internationalen Musikbundes ausgezeichnet.

Die wichtigste Aufgabe der Stadt ist immer noch die Bezahlung des Dirigenten. Wie schon 1762 Lehrer Rieger, bekommt dieser für seine Tätigkeit die monatlichen „Gulden“. Durch die feste Anstellung des musikalischen Leiters bei der Stadt, kann sich dieser voll ganz auf die musikalische Arbeit mit der Stadtmusik, sowie der Jugendausbildung konzentrieren und auch Aufgaben übernehmen, die über die normale Probenarbeit hinausgehen. Im Gegensatz zur Satzung 1929 besteht die heutige Vorstandschaft nur noch aus aktiven Musikern, die von der Mitgliederversammlung offiziell gewählt werden.

Dieser Abschnitt wurde entnommen aus der Festschrift "250 Jahre Stadtmusik Endingen", 2003, Endingen am Kaiserstuhl


Der Febon-Preis für besondere Verdienste in der Stadtmusik

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